Paradigmenwechsel Transformation bei BMW
Geht es um Transformation in der Automobilindustrie reden viele vom Aus für den Verbrenner, aber nur wenige darüber, was das Aus der Arbeitsplätze für die Menschen bedeutet, die diese Motoren gebaut haben. Meine Erfahrung: Auch in einem Unternehmen, in dem weltweit über 150.000 Menschen arbeiten, braucht es den Blick auf jeden einzelnen, seine Bedürfnisse, seine Fähigkeiten, Erfahrungen, Sorgen und sein „Soziotop“. Über knapp vier Jahre haben wir als Betriebsrät:innen und Vertrauensleute bei der Schließung eines Produktionsstandortes für Verbrennermotoren in München und der damit verbundenen Umsetzung von 1.200 Kolleg:innen gemeinsam mit der Personalabteilung und den Führungskräften viel voneinander gelernt. Wir haben gelernt, dass es einen Paradigmenwechsel brauchte: „Der Mensch sucht sich die Stelle und nicht andersherum!“ Und wir haben gemeinsam erfahren, dass es manchmal eine Sackgasse braucht, aus der man gemeinsam herausfinden muss, bevor sich neue Wege auftun. In diesem Beitrag will ich aus der Perspektive des Betriebsrates davon erzählen, wie sich mit gesundem Menschenverstand auf beiden Seiten immer wieder Lösungen haben finden lassen. Gemeinsam haben wir das folgendermaßen formuliert: „Es zählt die Initiative und die Bereitschaft sich sozialpartnerschaftlich einzulassen auf eine Reise, deren Route nicht eindeutig, deren Ziel aber von Anfang an klar war: Erhalt der Beschäftigung.“
Anlass Antriebswende
Da arbeitet ein Kollege Jahrzehnte lang in der Montage von Verbrennermotoren – zum Beispiel an einem V12-Motor für einen Rolls Royce. Am Ende steht da nicht nur ein wertvoller Motor. Da steht dann auch das Ergebnis der vielen Erfahrung, der Routine, des Gespürs für die kleinen Details, die erhebliche Wirkung haben können. Das Ganze ist dann auch noch ein Ergebnis, das in einem straffen Zeittakt immer wieder aufs Neue erzielt wird. Das will gekonnt sein. Bei der Antriebswende fallen nun viele Komponenten weg in der Produktion. Die wertvollen Motoren gelten nichtmehr als wertvoll, aber für mich als Betriebsrat bleibt die Kompetenz, Arbeitserfahrung, ja auch die Motivation und Verlässlichkeit der Kolleg:innen wertvoll. Und um diese Werte in erster Linie für die Betroffenen, aber in zweiter Linie auch für BMW, zu schätzen und zu erhalten, stellten sich in der Transformation drei Herausforderungen: Die Produktionslinien für die Verbrennermotoren mussten bis zum letzten Motor in höchster Arbeitsqualität erfolgen. Dann brauchte es eine neue Stelle, die diese Fähigkeiten möglichst umfänglich weiter wertschätzt und fördert. Und diese Stelle – und das hat sich als wichtigster Aspekt der Antriebswende herausgestellt – musste eine sein, die sich der Kollege aussucht, weil sie zu seinen beruflichen Fähigkeiten und seinen Lebensumständen passt. Dazu gehörte im Einzelfall auch, dass sie bis nach dem Tag freigehalten wurde, bis der letzte Verbrenner am 10. November 2023 vom Band lief.
Management der Veränderung
Ich möchte mit der Sackgasse beginnen, da ich von Kolleg:innen aus anderen Unternehmen, aber auch von vielen anderen IG-Metaller:innen viel über Sackgassen der Mitbestimmung und vor allem der Mitgestaltung in der Transformation erfahre. Wir sind aus der Sackgasse wieder raus und haben einen konstruktiven Weg gefunden – darum geht’s mir. Also: Nach drei Monaten mussten sich sowohl der Betriebsrat mit seinen Vertrauensleuten, die Führungskräfte und auch die Personalabteilung eingestehen, dass es schon nach den ersten Veränderungsversuchen, neue Stellen für Kolleg:innen aufzutun, so massiven Streit gab, dass das ganze Projekt zu scheitern drohte . Die Richtschnur Eingruppierung hatte so wenig funktioniert wie die Idee, dass die Personalabteilung unabhängig vom Votum der Kolleg:innen die „Matches“ von neuen Stellen und Mitarbeitenden organisieren kann.
Das Ablaufschemas der Veränderung, das die Phasen 1. Schock, 2. Verneinung, 3. Einsicht, 4. Akzeptanz, 5. Ausprobieren, 6. Erkenntnis und 7. Integration vorsieht, kann verdeutlichen, was dann passiert ist: Alle drei Seiten haben sich nach dem Schock (1.) nämlich erstmal in ihren Betonpositionen der Verneinung (2.) verschanzt. Für den Betriebrat hieß das: Rückzug auf gesetzlich festgelegte Mitbestimmung. Gleichzeitig war aber allen Beteiligten auch klar: Hier in und um München mit seinen vielen Zentralbereichen – vom Prototypenbau und der Pilot-Montage über Einkauf, Entwicklung, Vertrieb und IT bis zur „BMW-Welt“ usw. liegen die Potentiale, um gemeinsam Lösungen für 1.200 Kolleg:innen zu finden. Und nach einigen Streitgesprächen haben wir dann gemeinsam zu der Einsicht (3.) gefunden, dass wir unsere Rollen neu ausfüllen und die damit verbundenen Veränderungen akzeptieren mussten (4.), Neues ausprobieren (5.), aus Fehlern und Erfolgen lernen und dadurch auch neue Erkenntnisse gewinnen mussten, um schließlich eine erfolgreiche Integration (7.) für die Beschäfttigten und BMW zu erreichen. Im Zentrum stand dabei die Transformation der Rollen der Beteiligten.
Protagonist:innen der Veränderung
Betriebsrat
Auch wenn es bei der Transformation, die 1.200 Kolleg:innen betraf, um Mitbestimmung ging, brauchten wir dafür neue Impulse. Denn auch die Mitbestimmung musste sich transformieren. Die Methode des Design Thinking (s. Kasten Meilensteine, Fundstücke und Erkenntnisse eines langen Weges) hat uns dazu viele neue Ideen verschafft, denn im Zentrum dieser Kreativitätstechnik stehen die Beteiligten. Von der digitalen Stellenbörse über Look & Sae-Touren bis zu Rollenspielen und Beratungsangeboten ist uns da viel ein- und aufgefallen. Das Wichtigste war dabei die Freiwilligkeit. Wir wollten mit dem Paradigmenwechsel, dass der Mensch die Stelle sucht und nicht umgekehrt, ernst machen. Dabei haben die Vertrauensleute eine zentrale Bedeutung erlangt.
Vertrauensleute
Welche Ängste und Sorgen Kolleg:innnen hatten angesichts der Transformation, welche familiären, finanziellen Herausforderungen bestehen, wie mobil Kolleg:innen sein können, welche körperlichen und gesundheitlichen Einschränkungen bestehen und nicht zuletzt, welche jahrelangen Bindungen sie an Teams und Kolleg:innen haben – all diese vertraulichen Inhalte brauchten Gesprächspartner:innen, denen sie vertrauen konnten. Wir haben es geschafft dafür drei Vertrauensleute zu finden, die sich freistellen ließen, um die Kolleg:innen bis in ihre neuen Stellen zu begleiten. Sie konnten sich dabei darauf verlassen, dass der Paradigmenwechsel auch für sie galt – ihre neuen Stellen wurden für sie bis zum Abschluss ihrer Vermittlungsarbeit im Auftrag des Betriebsrates freigehalten.
Personalabteilung
Auch die Personalabteilung musste neue Wege finden, um mit dem Druck der Unternehmensleitung umzugehen, Matches für 1.200 Kolleg:innen zu finden, und möglichst umfänglich den Schatz an Erfahrungen und Kompetenzen der Belegschaft bei BMW zu halten. Die Bereitschaft beim Paradigmenwechsel mitzugehen, ging mit der Entscheidung einher, dass Kolleg:innen ihre Planstellen „mitnehmen“ konnten an ihre neuen Arbeitsstellen. Dadurch konnten wir gemeinsam als Team die Potentiale der Beteiligten heben und haben alle gemeinsam viel über Personalentwicklung gelernt.
Führungskräfte
Gerade am Anfang des Transformationsprozesses wurde deutlich, dass allen voran die Meister unter einem doppelten Druck standen. Sie mussten dafür sorgen, dass die noch bestehende Linie des Baus von Verbrenner-Motoren mit der gewohnten hohen Qualität bis zum letzten Tag funktioniert. Dazu mussten sie ihre erfahrenen Kolleg:innen, die sie teilweise über Jahrzehnte kannten und schätzten, halten und motivieren. Gleichzeitig sollten sie mitentscheiden, wo die Reise für die Einzelnen hingehen könnte. Auch sie brauchten dringend eine Entlastung, die dann durch den Paradigmenwechsel möglich war.
Mitarbeitende
Ein Kollege konnte sich schlicht kein zweites Auto leisten, was seine Mobilität deutlich einschränkte. Er brauchte vor allem den richtigen Ort. Ein anderer Kollege fühlte sich als gefragter Experte für komplexe Arbeiten an einem V12-Motor in einem anspruchsvollen Zeittakt in einer neuen Linie der Fahrzeugmontage unterfordert. Er brauchte vor allem die richtigen fachlichen Herausforderungen. Und da waren auch die vielen Kolleg:innen, die sich durchaus das Programmieren vorstellen konnten und sich für IT interessierten. Und manche brachten sozusagen ungeahnte Fähigkeiten mit wie zum Beispiel ein Facharbeiter, der in seiner Freizeit Führungen durch die Altsstadt seines Herzensortes veranstaltet und heute hauptberuflich BMW-Werksführungen macht. Die Mitarbeitenden haben mit uns über sich und ihre Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen gesprochen. Dieses Vertrauen hat ganz zentral zum Erfolg für alle Seiten beigetragen und ein Rollenmodell für zukünftige Transformationen geliefert.
Strategie und Prozess
Auf dem weiten Weg der Transformation kam uns ausgerechnet die Corona-Pandemie zur Hilfe, weil sie uns Flexibilität verschafft hat, um zum Beispiel Zeitarbeitskräfte im Sinne unseres Transformationsprojektes einzusetzen. Aber es ist auch wichtig zu sehen, dass bei der Umsetzung von 1.200 Kolleg:innen für einige wenige ein „hartes Matching“ nicht zu verhindern war.
Die Chronologie unseres Weges soll einen Eindruck davon geben, dass wir uns auf eine Reise eingelassen hatten, deren Route vorher nicht klar war:
Chronologie
Meilensteine, Fundstücke und Erkenntnisse eines langen Weges
2019
– Die Transformation geht los: Die Nachtschicht beim Baukastenmotor wird eingestellt – 120 Arbeitsplätze sind betroffen.
– Betriebsvereinbarung zur Entgeltabsicherung: ein „Arbeitsversuch“ in einem potentiellen neuen Tätigkeitsfeld wird möglich.
2020
– Durch die Qualifizierung „IG Metall vom Betrieb aus denken“ setzt der Betriebsrat bei der Transformation auf die Design-Thinking-Methode. Der Clou: Hier entscheiden die Beteiligten, ob eine Lösung passt.
– Erkenntnis: Wer 1.200 Menschen verändern will, muss deren Bedürfnisse kennen
– Erkenntnis: Wir schaffen das nicht allein
– Die „Soziotope“ der Kolleg:innen wurden sichtbar: So wollten einige Personen nur wechseln, wenn sie eine andere Person mitnehmen konnten. Andere formulierten Anforderungen, die aus der Vereinbarkeit von verschiedenen (beruflichen) Situationen der eigenen Familie entstehen.
– Corona: Die Betriebsvereinbarung muss Kolleg:innen per Video vermittelt und erklärt werden
– Schockzustand beenden: Befürchtungen bewahrheiten sich – ein Gruppenleiter übernimmt die Steuerung der Transformation.
2021
– Missverständnisse für alle klären: Papier zur Auslegung der Betriebsvereinbarung, um das Prozessverständnis zu vereinheitlichen.
– Einzelgespräche mit jedem Mitarbeitenden: Die Ergebnisse wurden mit einer langen Liste von offenen Stellen abgeglichen, anfangs nur aus dem Fahrzeugbau. Per Excel-Tabelle wurde die aufnehmende und abgebende Stelle sowie die Entgeltgruppe und die Führungskräfte festgehalten.
– Die Einschätzung, wohin der Mitarbeitende passt, wurde vom Meister und Personalumbau-Manager getroffen, damit war der/die Mitarbeitende „gematcht“. Die Begeisterung der Betroffenen hielt sich in Grenzen und eine Ablehnung des Vorschlags war nur einmal möglich.
– Paradigmenwechel: Es wurde auf Initiative des Betriebsrats das Prinzip der Freiwilligkeit verankert.
Bei Versetzung sollte das Prinzip „Der Mensch sucht sich die Stelle und nicht andersherum!“ gelten.
– Hidden Page: Interne Stellenanzeigen, auf die nur die Betroffenen aus dem Motorenbau Zugriff hatten – per QR-Code im Intranet.
– Betriebsrat setzt Kriterien für neue Stellen durch: die Einstufung muss ungefähr passen und auf „fachfremde“ Stellen ist eine Bewerbung möglich, wenn es keine anderen Interessenten gibt.
– Meister haken im Einzelfall nach, warum Wechsel ihrer Leute nicht möglich erscheinen
– Unterstützungsstrukturen verbessert: Eigenes Büro mit IT-Ausrüstung für Hidden Page u.a.
– Vertrauensleute unterstützen bei Motivationsschreiben zu Stellenwechsel.
– Look & See: Interessent:innen können sich auch in Gruppen potentielle Arbeitsplätze ansehen. Neben dem Stammwerk und Zentralbereichen in München waren die Standorte Dingolfing und Landshut meist die Ziele.
– Schulungen (bspw. Staplerschein oder sog. „Blitzschulungen“) für neue Stellen wurden der alten Stelle zugebucht, so dass die aufnehmende Stelle nicht belastet wurde. Daneben gab es Erklärvideos von Arbeitgeberseite zum Transformationsprozess mit Bezug auf gute Beispiele.
– Erkenntnis: Bewerbungsprozess braucht gute Kommunikation und ständige Verbesserung
– Auch die Vertrauensleutestruktur verändert sich durch Stellenwechsel. Nicht nur deswegen wurden auch Zeitarbeitende an den auslaufenden Linien einbezogen und ein Betriebsrats-Aktiven-Netzwerk gestartet, das Leiharbeitende einbezieht.
– Die erste Linie mit 300 Mitarbeitenden lief aus, von denen nur 8 Personen dann auf die noch bestehenden Linien verteilt wurden.
2022
– Die zweite Linie wird im April ohne Probleme transferiert.
– Durch einen Planstellentransferstopp des Arbeitgebers brach die Bewerbersituation dann ein.
– Erkenntnis: Permanente Kommunikation ist wichtig, gerade bevor (!) Entscheidungen von einem Sozialpartner getroffen werden.
– Umstellung auf Bewerbersystem myTMS, als Tool der Information über potentielle neue Tätigkeiten.
„Transformationstage“ werden als Schulungsblöcke zu myTMS, der Erstellung von Lebensläufen und möglichen Fragen bei Bewerbungsgesprächen eingeführt.
– Die IG Metall bot ihren Mitgliedern mit einem Crashkurs „Rollenspiel Bewerbungsgespräch“ die Chance, sich fit für die Bewerbungssituation zu machen.
– Der Personalbereich richtete für alle Betroffenen eine Recruiting- Sprechstunde ein.
2023
– Mitte des Jahres: von 1.200 Mitarbeitenden standen noch 60 Kolleg:innen vor ihrem Wechsel – sie konnten sich zwischen Fahrzeugwerk und E-Modulfertigung in Parsdorf entscheiden.
– Am 10. November ging dann der letzte Motor vom Band und die verbliebenen Schlüsselpersonen in ihre neuen Aufgabenbereiche.
Widerstandkraft der Organisation
Das Wort „Resilienz“ hat bei uns in der Coronazeit und darüber hinaus eine weitere Bedeutung erlangt. Es ging 2019 bis 2023 nicht nur darum, wie jeder und jede Einzelne Widerstandskraft entwickelt gegen gesundheitliche, soziale und materielle Belastungen, es ging auch darum, wie es BMW als Organisation tut. Bei BMW hat sich die Resilienz durch den Paradigmenwechsel entwickelt, vom einzelnen Menschen auszugehen, der freiwillig bestimmt, wohin die Reise geht.
Gelernt haben wir dabei, dass es eine transparente Transformationsplanung braucht, die einen strukturierten Bewerbungsprozess ermöglicht. Das hat nur funktioniert durch die Prozessführung eines sozialpartnerschaftlichen Transformations-Teams mit Leitung, Administration, Betriebsrät:innen und Vertrauensleuten. Und vor allem: Es brauchte gute Kommunikationsroutinen!
Zum Schluss möchte ich noch zwei Beispiele erzählen, die uns geholfen haben am Anfang und zum Abschluss hin. Sie erzählen vielleicht am anschaulichsten, worum es bei der Transformation ging.
Zwei Beispiele
Ein langer Weg mit Menschen, deren Leben sich ändert.
Um zu verstehen, was der Paradigmenwechsel für die Menschen konkret bedeutet, möchte ich kurz von einer Kollegin und einem Kollegen erzählen, bei denen ganz konkret nachvollziehbar wird, was diese grundsätzliche andere Denkweise bei der Wahrnehmung der Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche bewirkt hat. Sie zeigen einmal mehr, dass auch in einer Sozialpartnerschaft die Trennung von Leben und Beruf eben nicht partnerschaftlich ist. So war das Beispiel der Kollegin eines, das ganz wesentlich mit zu dem Paradigmenwechsel beigetragen hat. Wir haben mit und von ihr gelernt. Und das zweite Beispiel des Kollegen zeigt die positive Wirkung davon.
Am Anfang unseres Transformationsprozesses stand ganz schematisch beim neuen „Match“ von Kolleg:innen und ihren zukünftigen Arbeitsplätzen die Eingruppierung im Zentrum. Wenn dann noch die konkrete Tätigkeit von ihren Kompetenzanforderungen vergleichbar erschien, wurden die Kolleg:innen sozusagen erstmal automatisch eingeplant, ohne den betroffenen Menschen letztlich zu kennen. Das neue Jobangebot hatte dann den Charakter einer Zwangsversetzung, der die Betroffenen scheinbar allenfalls noch zustimmen konnten. Wie absurd das sein konnte, hat uns eine junge Kollegin gezeigt. Mit Ende zwanzig hatte die junge Mutter in der Produktion in Schichten gearbeitet, die sie mit ihrem Team abgesprochen hatte, so dass ihr Job mit den Zeiten, in denen sie für ihr Kind da sein wollte und musste, zusammenpasste. „Angeboten“ wurde ihr ausgerechnet eine Stelle in der Kabelbaummontage im Wechselschichtdienst. Die Tätigkeit dort zählt zu den körperlich härtesten. Das Erstaunliche: Die Gespräche, die sie geführt hat, haben wie eine Befreiung gewirkt. Alle Beteiligten haben an ihrem Beispiel gelernt, dass Transformation nachhaltig wird, wenn man die Menschen fragt, was sie brauchen, was sie können und sich wünschen, damit Leben und Beruf zusammenpassen. Die Kollegin hat erfolgreich in den Einkauf gewechselt. Mittlerweile ist sie wieder im Mutterschutz und Elternzeit, weil ihre Familie weiterwächst.
Als zweites Beispiel möchte ich die Geschichte eines Kollegen erzählen, im Grunde ist es die Geschichte von zwei Kollegen und Freunden. Beide sind Maschinenschlosser, die heute Fertigungsmechaniker heißen. Der Kollege, den wir angesprochen hatten, arbeitete in der Instandhaltung im Motorenbau und sollte in die ganz neu errichtete Instandhaltung der Pilotlinie für die Zellfertigung für Batterien wechseln. Das Erstaunliche bei ihm: Dem Kollegen war nach eigener Aussage nicht so wichtig, was er in Zukunft konkret arbeitet, wohl aber mit wem. So hat er uns gebeten einen langjährigen Weggefährten, Kollegen und Freund „mitnehmen“ zu können. Beide wollten im selben Team bleiben. Das hat dann auch funktioniert, beide sind nun Kollegen in der Zellfertigung und wir haben eine andere wichtige Seite von Sozialpartnerschaft gelernt.